Après Crépuscule - Na Schemering - After Twilight - Nach Dämmerung
in der Archivreihe Der springende Punkt
kuratiert von Oliver Tepel
7. Februar – 5. April 2009
Eröffnung am 6.Februar 2009, 19 Uhr


Gruppen- und Archivausstellung mit Beiträgen von J.Louis Again, Michael Bracewell, Enrico
David, Devine & Grifftihs, Christian Flamm, Julian Göthe, Benoit Hennebert, Julia Horstmann,
Linder, Lucy McKenzie, Claus Richter, Hanna Schwarz, Claude Stassart, Lawrence Weiner, Detlef
Weinrich, Denyse Willem


            "When you love music, you want everything related to it, closely or not, to be beautiful too."
            Benoît Hennebert, December 1984.


Die kleine belgische Plattenfirma Les Disques du Crépuscule kreierte ein erstaunlich wirkungs-
volles, zugleich kaum systematisch erschlossenes kulturelles Phänomen an den Rändern von Pop
und High Art.


Im Zuge der popmusikalischen New Wave schuf das Label ab Beginn der 80er Jahre eine Identität
aus aktueller Musik, Covertexten und einer einzigartigen optischen Präsentation. Chefdesigner
Benoit Hennebert und seine Kollegen gestalteten einen flirrenden Stil aus dem Spiel mit Ideen der
frühen Moderne, alten Werbegraphiken und dem Comicstil der „Ligne Claire“. Dabei entstand eine
so verführerisch verfeinerte, wie komplexe Parallelwelt in deren Zentrum die Plattenfirma als
Schau- und Identifikations-Objekt agierte. Das Label war gleich einem Coffeetable-Book, an dessen
Seiten man sich beim Umblättern allerdings ab und an die Finger schneidet.


Einen musikalischen Einfluss der über begrenzte Szenen hinaus reichte, hatte das Label-Œuvre allein
in Japan. Und obwohl für Les Disques du Crépuscule Künstler wie Lawrence Weiner, Linder
oder Denyse Willem Arbeiten beisteuerten, kam es auch zu keiner engeren Anknüpfung an die
Brüsseler Galerienszene der 1980er. Doch in den letzten Jahren beziehen sich nun zusehends
Künstler wie Lucy McKenzie, Enrico David, Claus Richter, Hanna Schwarz, Detlef Weinrich,
Christian Flamm oder Julia Horstmann in direkter Weise auf das Label, seine Musik und seine
Graphik.


Dieser so spannenden, weil unmittelbaren und dennoch zumeist verborgenen, Wirkungsgeschichte
gilt es nachzuforschen. Die Ausstellung ist dafür in zwei Teile gegliedert: In der Ausstellungshalle
werden Arbeiten von Linder, Lawrence Weiner, Benoit Hennebert und anderen gezeigt, die zur
aktiven Zeit des Labels entstanden, sowie Arbeiten junger internationalen Künstler, welche sich in
ihrer aktuellen Perspektive mit dem Label beschäftigen. Im Seminarraum im dritten Geschoss
werden dem Besucher zur tätigen Vertiefung weitere historische Dokumente, Archivmaterialien,
Photos, Videos und Musik angeboten. Dieser Teil der Ausstellung wird über einen längeren
Zeitraum (circa fünf Monate) den Besuchern zugänglich sein und so Gelegenheiten zur  Exploration
bieten.


Im Fokus der Ausstellung steht das Prinzip des „Was wäre wenn...“ - der Idee mittels einer
undogmatischen Assemblage aus Artefakten der Moderne eine neue, nicht nur ästhetisch wirksame,
 Realität zu schaffen. In ihr verwischen Grenzen zwischen Design und Kunst nicht etwa, sondern
sie gestalten einen „Alternativraum“, historisch referent und offen für Aktionen.


Diese Ausstellung zeigt eine Vermittlung zwischen Pop und Kunst, fern der bekannten Klischees
und gegenseitigen Vereinnahmungen. Sie berichtet zudem aus einer Zeit, in der selbst schillernde
Künstler fern des Starglanzes heutiger Tage agierten. Sie bietet Einsicht in bei Weitem noch nicht
erschöpfte Quellen und präsentiert, wie ästhetische Bezugssysteme in der heutigen Zeit funktio-
nieren können.


Begleitveranstaltung während der litCologne:
20.März 2009, 20.30 Uhr Michael Bracewell und Devine & Griffiths
Lesung und Konzert  im Theatersaal

Michael Bracewell (*1958, London) erkundet im Buch Remake/Remodel die artifizielle Ästhetik
von Bryan Ferry, Brian Eno und ihrer Band Roxy Music. Der Kunst- und Musikautor knüpft heute
zudem Roxys Idee von Pop an die Ausstellung Après Crépuscule. Dazu spielen Devine & Griffiths,
Ian Devines neues Projekt, der mit seiner Band Ludus und Alison Statton in den 80ern für Les
Disques Du Crépuscule eleganten Kammer-Pop kreierte.



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